Weitere Hinweise

Was sonst noch zählt

Ob die eigene Kalkulation nun „top-down“ (also ein vergleichbares Gehalt heruntergebrochen auf den notwendigen Stundensatz) oder ob die eigene Kalkulation „bottom-up“ (d.h. ausgehend vom eigenen Bedarf und den einzelnen Ausgabenposten hochgerechnet) erfolgt – die meisten Kunden interessiert das eigentlich herzlich wenig, die wollen wissen, was die Leistung X für das Projekt Y kostet.

Kalkulation zum Festpreis

Daher bieten viele Freelancer zu einem vorher kalkulierten Festpreis an. Das kann gut sein (wenn nämlich weniger Stunden als veranschlagt benötigt werden), das kann aber genauso gut in die Hose gehen (wenn nämlich sehr viel mehr Stunden als kalkuliert ins Projekt fließen). Deshalb sollte bei jedem Festpreis-Auftrag auf eine mögliche Nachkalkulation hingewiesen werden.

Schwierig wird es dann, wenn der Kunde keine Ahnung von den Tätigkeiten drumherum hat und felsenfest überzeugt ist, die paar Bilder auf der Website auszutauschen oder herumzuschieben, könne unmöglich mehr als fünf Minuten beansprucht haben. Oder wenn der Kunde denkt, 500 Wörter aufs Papier (oder den Bildschirm) zu bringen, müsse doch in 50 Minuten locker zu machen sein (bitteschön, das sind doch gerade mal 10 Worte pro Minute, also für ein Wort bleiben da sechs Sekunden übrig, bei diesem Tempo kann man locker einer Stenotypistin diktieren, oder nicht?).

Spaß beiseite – es gibt leider tatsächlich genug Auftraggeber, die meinen, eine „Kleinigkeit“ wie ein Logo, ein Serie Produktfotos, der Text für ein Mailing oder eine Pressemitteilung wäre in ein oder zwei Stunden zu machen. Das geht im Textbereich, wenn überhaupt, nur bei einem Kunden, den man in- und auswendig kennt und bei dem man im Kopf alle Infos sofort parat hat.

Mehr Brutto-Zeit brauchen als Netto-Zeit berechnen

Bei einem neuen Kunden oder einem neuen Produkt mit einem neuen Nutzen für die Käufer braucht es aber ein vernünftiges Briefing, das Einlesen ins Thema, evtl. noch eigene Recherche. Und um eine kreative Lösung zu schaffen, braucht es auch Zeit fürs Freilaufenlassen, Verwerfen und Wiederneuzusammensetzen verrückter Gedanken (gern auch als Brainstorming bezeichnet). Dann erst kommt die eigentliche Arbeitsphase. Schließlich folgt oft eine Korrekturphase (oder vielleicht sogar eine zweite?), bis endlich die Freigabe kommt.

Und dann darf man auch die kleinen Zeiträuber wie die Telefonate mit Auftraggebern, Interviewpartnern oder Projektleitern bzw. anderen Projektmitarbeitern nicht vergessen. Mit solchen Kleinigkeiten kann aus einem Mini-Auftrag schnell ein zehn- und mehrstündiges Projekt werden – der Kunde hält aber am Ende dennoch „nur“ einen Flyer in den Händen und wundert sich, wieso diese Texter und Grafiker dafür so viel Zeit gebraucht haben und so viel Honorar verlangen.

Ein kleiner Vergleich

Hier hilft nur eins: zeigen, erklären, aufklären. Oder um es mit einem fiktiven Beispiel für einen Textauftrag zu veranschaulichen:

Fall A: Der Kunde erzählt von einem neuen Produkt, das es auf dem Markt nicht genau so, sondern nur in anderer Form gibt, der Texter kann sich ja im Internet schlau machen, aber eigentlich müsste es doch auch ohne USP gehen, oder? Testimonials hat er keine, aber er kann dem Texter gern die Adressen zufriedener Kunden geben. Der Text wird später im Marketing, in der Fachabteilung und nicht zuletzt von den drei Geschäftsführern gelesen. Eventuell haben die alle ihre eigenen Korrekturvorschläge. Und wenn die sich nicht einig sind, kommt der beliebte „Putzfrauentest“. Achja, und in drei Wochen ist eine wichtige Messe, bis dahin muss das fix und fertig aus der Druckerei sein. Hm. Da müsste der Text eigentlich in einer Woche in der Grafik sein, aber es sind ja nur vier Seiten, auf dem Titel ist ja nur die Überschrift, also sind es nur drei Seiten, das steht doch bis in vier Tagen, oder?

Kalkulation für ein solches Projekt: selbst mit nur einer Korrekturphase dürfte da ein Zeitaufwand für mindestens 1.800 bis 2.000 Euro drinstecken, aber das ist eher optimistisch kalkuliert, denn bei so vielen Mitentscheidern ist nur eine Korrekturphase eher illusorisch. Das Honorar dürfte also eher über 2.000 Euro liegen (und ein Schmerzensgeld für so eine schlechte Vorbereitung und einen dermaßen extremen Zeitdruck müsste man da auch noch draufschlagen).

Fall B: Kunde packt dem Texter a) kurze und präzise Infos über das eigene Produkt, b) knappe Infos über die Produkte der wichtigsten Wettbewerber (und nicht mehrere Ordner, in denen sämtliche Broschüren aller Wettbewerber abgeheftet sind) sowie c) mehrere vernünftige Testimonials oder Kundenaussagen auf den Tisch. Der Texter kann sich die Zeit nehmen, die er braucht. Und es gibt nur eine Instanz (oder höchstens noch eine zweite), die den Text prüft und Korrekturwünsche vorbringt.

Kalkulation in diesem Fall: je nach Zeitaufwand für das Sichten des Materials dürfte sich das Honorar unter diesen Bedingungen bei um die 1.000 oder 1.200 Euro bewegen – ohne ein Schmerzensgeld wie in Fall A.